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Antonius-Kapelle
Im Jahre 1770 erbaute die Horstmarer Antoniusbruderschaft hoch auf dem Schöppinger Berg am Weg der Fronleichnamsprozession und der Großen Kreuztracht eine Stationskapelle in Form einer Kluse. Dieses kleine Gebäude gehört weniger wegen seiner baulichen Gestalt, sondern mehr wegen seiner landschaftsprägenden exponierten Höhenlage auf dem völlig kahlen Bergrücken, vor allem aber wegen einiger bedeutender Kunstschätze im Innern, zu den bemerkenswertesten Klusen des Kreises Steinfurt.
Die Kapelle, an weithin sichtbarer Stelle in einer Höhe von 147 Metern über NN auf dem Schöppinger Berg gelegen, ist ein kleiner, aus geometrischen Grundformen entwickelter Raum ohne jeden architektonischen Zierrat. Der Grundriss besteht aus einem kurzen Rechteck mit einem nach Süden gerichteten 3/8 Chorschluss. An der Eingangsseite entsteht durch zwei in der Flucht der Seitenwände eingestellte Pfeiler auf quadratischem Grundriss eine kleine Vorhalle, die in karger, geometrischer Form, dem antiken Grundtyp eines sog. Antentempelchens ähnelt. Zwei kleine, von Werksteingewänden umrahmte Fenster neben dem Eingang und zwei große Fenster an den Längsseiten geben dem architektonisch ungegliederten Innenraum reichliches Licht, wie es dem Zeitgeschmack des späten Rokoko entsprach. Am Türsturz des Eingangs liest man ein eingemeißeltes lateinisches Chronogramm mit dem Jahr der Erbauung: „sanCto Antonlo / sVo / In CoeLIs patrono HoC / saCeLLVM / ConseCraVlt Fraternltas Ao 1770“ (Dem heiligen Antonius, ihrem himmlischen Patron, weihte dieses Heiligtum die Bruderschaft im Jahre 1770). Außen am Chorschluss steht ein Vesperbild im gotischen Spätstil der Zeit um 1520 aus der Werkstatt des Evert van Roden – hier steht allerdings nur eine Kopie, das Original ist vor Witterungseinflüssen geschützt in der Marienkapelle der St. Gertrudis-Kirche aufgestellt.
Bedeutung hat die Kapelle wegen einer größeren Zahl von Kunstwerken verschiedener Art und unterschiedlichen Alters im Innern, nämlich Spolien (Überreste von Reliefs oder Skulpturen), die an dieser Stelle zusammengetragen wurden. Hervorragendstes Stück ist eine kleine, ausdrucksstarke Steinfigur des hl. Antonius Abt aus der Zeit des gotischen weichen Stils um 1430, die man dem ältesten Meister der Apostelfiguren in der St. Dionysius-Pfarrkirche in Rheine zuschreiben muss. Leider wurde die Statue bis zu den Knien abgeschnitten, um sie ihrem ehemaligen Standort in der Nische über dem Eingang anzupassen. Dem Barockzeitalter entstammen Reste von zwei Kruzifixen: der kleine Torso, der neben dem Altar vermauert ist, lässt sich stilistisch in den weiteren Umkreis eines Nachfolgers des Gerhard Gröninger aus Münster (um 1582-1652) einordnen. Das beachtliche Fragment eines fast lebensgroßen Kruzifixes in der Eingangshalle scheint ein Werk des 18. Jh.s zu sein, worauf die schlanken Körpermaße, die Eleganz der Bewegung und das lebhaft flatternde, gegenläufig geschlungene und verknotete Lendentuch hinweisen. Das verwitterte und durch Überspachtelung mit Kunststein völlig veränderte Relief der Gregorsmesse ist ein spätgotisches Werk des 16. Jahrhunderts.
Der Altar ist aus etlichen, ursprünglich nicht zueinander gehörenden Teilen zusammengesetzt, die nach mündlicher Überlieferung Reste der Barockausstattung der Horstmarer Pfarrkirche sein sollen. Der aus Ziegelsteinen aufgemauerte Altarunterbau trägt eine alte Sandsteinplatte, in die ein kleiner Reliquienstein mittig eingelassen ist. Er zeigt in flachem Relief Initialen und Wappen des Fürstbischofs Christoph Bernhard von Galen (1650-1678) und dürfte vom barocken Hochaltar der Pfarrkirche stammen, der während der Amtszeit des Dechanten Dr. Sabothius (1648-1660) aufgestellt und im Jahre 1655 vom Münsterschen Bischof geweiht worden war. Die Vorderseite des Altartisches ist mit einer klassizistischen Holzverkleidung geschmückt, an deren Innenseite sich die Jahreszahl 1809 und der Name Löring befinden, womit sich zumindest dieser Teil als eine Stiftung von vier Brüdern Löring aus Horstmar zu erkennen gibt, die alle den Beruf eines Leinenhändlers ausübten. Aus der gleichen Zeit dürften auch die merkwürdigen Flammentöpfe zu beiden Seiten der Figur des hl. Antonius stammen. Vielleicht ist auch die Tabernakelanlage dieser Zeit zuzurechnen, wogegen die illusionistisch gearbeitete Draperie des Baldachins und die seitlichen Doppelsäulen stilistisch eher in die Erbauungszeit der Kapelle um 1770 gehören. Jedenfalls wurde das Tabernakel später vorgesetzt, da es die unteren Teile der Figurennische verdeckt und die in ihren Maßen durchaus in die Vorhangöffnung passende Antoniusstatue viel zu weit nach Oben hebt. Auch die ziemlich massive und untersetzte Figur des Titelheiligen gehört wohl dem auslaufenden Rokoko um 1770 an. Der als barocker Prospekt ausgebildete Altar besitzt eine kräftige Farbfassung in marmoriertem Blau. Die Säulenschäfte sind grün, die Draperie ist in Rotocker gehalten. Zusammen mit dem reichlich verwendeten Gold an Profilen, Kapitellen, Feuertöpfen und Säumen ergibt sich ein festlicher Eindruck, der in deutlichem Gegensatz zur Schlichtheit der Architektur des Kapellchens steht.