Und sogar den anspruchsvollsten Vegetationstyp innerhalb des Fagion-Verbandes, den Orchideen-Buchenwald (Carici-Fagetum), finden wir an speziellen Stellen. Der lat. Name Carici-Fagetum ist allerdings nicht sehr glücklich gewählt, da die namengebende Weiße Segge (Carex alba) eher selten ist. Viel bezeichnender sind die zahlreichen Orchideen. Am häufigsten sind das Gefleckte Knabenkraut (Dactylorhiza maculata) und das Große Zweiblatt (Listera ovata). Insgesamt konnten seit den 1980er Jahren, in denen der Heimatverein Horstmar zahlreiche botanische Erkundungen und Exkursionen in das Gebiet des Herrenholzes durchgeführt hat, acht verschiedene Orchideen-Arten entdeckt werden. Manche Arten treten nicht jedes Jahr und an wechselnden Orten auf, denn die natürliche Waldbewirtschaftung schafft Bereiche mit stärkerem Lichteinfall an verschiedenen Stellen. Neben den Genannten werden folgende Orchideen immer wieder gefunden: das Weiße Waldvögelein (Cephalanthera damasonium), die Breitblättrige Stendelwurz bzw. Sitter (Epipactis helleborine), die Weiße Waldhyazinthe (Platanthera bifolia), die Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera), die Braunrote Stendelwurz (Epipactis atrorubens) und als botanische Besonderheit die Bräunliche Nestwurz (Neottia nidus-avis). Sie besitzt keinerlei Blattgrün; ihre Nährstoffe bezieht sie aus Bodenpilzen, mit denen sie in einer parasitischen Beziehung zusammenlebt. Früher glaubte man, dass die Pflanze selbst die Humusstoffe des Waldbodens aufschließen könnte.
Sie wurde deshalb fälschlicherweise als "Moderpflanze" oder "Saprophyt" bezeichnet. Dank ihrer parasitischen Lebensweise kann es sich die Nestwurz leisten, erst Ende Mai/Anfang Juni zu blühen, wenn der Waldboden bereits stark beschattet ist. Und am Nordhang des Herrenholzes finden wir auch noch das Ähren-Christophskraut (Actaea spicata), das typisch für den vor allem durch die Wald-Haargerste (Hordelymus europaeus) charakterisierten Haargersten-Buchenwald (Hordelymo-Fagetum) ist.
Auf Grund des besonders großen Artenreichtums, der ausschließlich durch die hier vorbildlich betriebene naturnahe Waldbewirtschaftung bedingt ist, hat die Erhaltung und Förderung dieses großflächigen Buchenwaldes eine besondere Bedeutung. Er ist ein besonders charakteristisches Beispiel dafür, dass durch die verantwortungsvolle Nutzung der Landschaft (Kulturlandschaft) eine besonders große Artenvielfalt erhalten wird. Dazu ist auch die Umwandlung von Fichtenparzellen in Buchenwald, wie sie in den letzten Jahren erfolgt ist, ein weiterer positiver Aspekt. Jede Verringerung oder Änderung der Art der Waldwirtschaft hier im Herrenholz würde auf jeden Fall zu Lasten der Artenvielfalt gehen.
Die Bezeichnung Herrenholz ist wohl darauf zurückzuführen, dass dieses Waldgebiet Bestandteil des Jagdreviers der münsterschen Fürstbischöfe war, die auf der südlich des Waldes gelegenen ehemaligen Burg bis zu deren Zerstörung 1635 häufig residierten. Die herrliche Allee vom Burggelände zum Herrenholz wurde allerdings erst im 19. Jh. geschaffen. Bis dahin war der Hauptweg die heutige Schützenstiege.
Fotos: A. Janßen